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Das größte Ar***L*ch der Welt

Autorenbild: Rembrandt HappelRembrandt Happel

Zaunbauer verstehen sich gut. Sie haben das Handwerk oft durch die gleiche, harte Schule gelernt – durch viel Hinfallen und wieder Aufstehen. Das schafft ein Band. Wenn auf der Party eines Herstellers oder eines Branchenverbands einige Zaunbauer am selben Tisch sitzen, haben sie viel Spaß miteinander. Sie geben sich gegenseitig Runden aus, erzählen tolle Geschichten und lachen viel. Wir waren schon auf vielen dieser Partys und haben immer eine Woche gebraucht, um uns zu erholen, denn der Spass geht so lange, bis der ganze Schnaps weg ist, wenn es schon lange nach Sonnenaufgang ist.

Aber es gibt einige Bedingungen für diese Geselligkeit. Denn Zaunbauer mögen sich nur, wenn sie sehr weit voneinander entfernt wohnen oder ein sehr unterschiedliches Klientel haben. Die direkten Konkurrenten in der Region machen einen großen Bogen umeinander und haben Schimpfworte füreinander, die in keinem Wörterbuch stehen.

“Kennst du Jansen Zaunbau? Das ist ein Amateur. Der montiert den kompletten Zaun in frischen Beton und stützt ihn mit Latten und Brettern. Der Trottel. Den kann man wirklich nicht ernst nehmen. Und Peters, dieser fiese, dreckige Ar***, mit dem will ich auch nichts zu tun haben. Das war mal mein Monteur. Erst hat er sich von mir beibringen lassen, wie es geht, und dann hat er plötzlich angefangen, für sich selbst zu arbeiten. Jetzt erzählt er allen Kunden, dass er besser ist. Aber das ist gar nicht möglich, denn ich habe 30 Jahre mehr Erfahrung als er. Und dann haben wir noch Meier. Das ist wirklich das größte Ar***L*ch, das auf zwei Beinen auf dieser Erde läuft. Weißt du, was der gemacht hat? Er hat mir einen Job in MEINER Stadt weggenommen, wo er nichts zu suchen hat, an der verkehrsreichsten Straße in einer schönen, gut sichtbaren Lage, und hat ein unglaublich großes Namensschild drangehängt. Oh, und ich habe dir noch gar nicht von Müller erzählt. Das ist ein so ein linker Typ. Wenn ich den jemals vor mein Auto bekomme, gebe ich Vollgas. Der hat irgendwie einen Architekten überzeugt – er muss ihn bestochen haben –, dass er sein eigenes System in die Ausschreibungen meines größten Kunden aufnimmt.”



Es ist immer irgendetwas. Peters ist zu aggressiv mit dem Marketing und Jansens Monteure grüßen nie zurück, wenn du ihnen zuwinkst. Manchmal sind Zaunbauer sauer auf einen Kollegen, weil er vor 17 Jahren, als die Firma noch seinem Vater gehörte, einmal kam, um sich eine Rolle Maschendraht auszuleihen, und im Gegenzug eine Rolle von einem anderen Hersteller zurückbrachte – der natürlich Maschendraht von viel schlechterer Qualität herstellt als die Fabrik, von der sie ihren eigenen Maschendraht kaufen. Der Schuft.

Wenn du Zaunbauer so über ihre Konkurrenten reden hörst, denkst du im ersten Moment: “Meine Güte, arbeiten wir in einer so unsportlichen Branche?” Aber wir verstehen sehr gut, woher all dieser Neid – und manchmal auch purer Hass – kommt. Die Geschäftswelt ist kein Sonntagnachmittags-Fußballspiel unter Amateuren. Die Geschäftswelt ist kalt, kühl und hart, und wenn du in einer ziemlich primitiven und unregulierten Branche wie der unseren Geschäfte machen musst, macht das die Sache noch schwieriger. Auf dem Fußballplatz führt ein etwas zu harter Stoß gegen die Schulter höchstens zu einer Prellung, während bei uns ein kleiner Stoß von einem Konkurrenten mehrere tausend Euro kosten kann. Ganz zu schweigen von den großen Schubsern und Tacklings. Die machst du nicht mit einem Klaps auf die Schulter und einem Bier nach dem Spiel wieder wett.

Gleichzeitig ist es aber auch sehr schade. Immer wenn wir mit Zaunbauern aus verschiedenen Regionen und manchmal sogar verschiedenen Ländern am Tisch sitzen und sehen, wie sie gemeinsam den größten Spaß haben, fragen wir uns, warum das nicht auch regional möglich ist. Es hätte viele Vorteile, wenn du dich mit den Zaunbauern in deiner eigenen Region gut verstehst.

Ihr könnt euch gegenseitig für die Aufträge empfehlen, die ihr selbst nicht übernehmen könnt oder wollt. Ihr könnt euch gegenseitig Montageteams ausleihen, wenn ein großer Auftrag schnell erledigt werden muss. Ihr könnt gemeinsam einkaufen, um euer Volumen zu bündeln und einen besseren Preis zu erzielen. Wenn das alles gut läuft und das Vertrauen wächst, könnt ihr euch irgendwann zusammensetzen und überlegen, wie ihr euch gegenseitig helfen könnt (natürlich innerhalb der Grenzen des Kartellrechts), um das Preisniveau in eurer Region etwas anzuheben oder die Großkunden des anderen zu schützen. Oder du könntest mit zwei oder drei anderen eine Elektroservicefirma gründen, für die du alleine nie genug Arbeit hättest. Es würde schon allein deshalb Sinn machen, weil es viel einfacher ist, sich gegenseitig eine Kiste mit Schrauben oder ein paar Halterungen zu leihen: Gemeinsam ist man immer stärker als allein.

Um das zu erreichen, brauchen wir Toleranz und Akzeptanz. Jeder hat zu kämpfen. Jeder rackert sich ab. In schlechten Zeiten schuftet jeder, um Aufträge zu bekommen, in guten Zeiten schuftet jeder, um Personal zu finden und um die Lieferzeiten akzeptabel zu halten. Und kaum jemand in unserer Branche hat dafür extra studiert, der Großteil der Wettbewerber lernt genauso durch Hinfallen und Aufstehen wie du. Und jeder Konkurrent steckt manchmal (oder regelmäßig) in der Klemme und macht dann seltsame – manchmal unsportliche – Spielzüge. Aber sobald du erkennst, dass das Fußballspiel, das du dachtest zu spielen, in Wirklichkeit ein Rugbyspiel ist, fällt es dir leichter, die harten Schubsereien und Tacklings als Teil des Spiels zu sehen und die Zaunbauer-Kollegen als Mitspieler und nicht als %&#$$.

Heb ruhig die Hand zur Begrüßung, wenn du einen Kollegen siehst, den du bis gestern für einen %&#$$ gehalten hast, weil er dir in der (manchmal weit zurückliegenden) Vergangenheit ein paar Mal einen Stoß gegen die Schulter verpasst hat. Und beim nächsten Mal wieder. Nach etwa drei oder vier Mal grüßt dieser Kollege zurück. Dann triffst du ihn einmal an einer Tankstelle, ihr unterhaltet euch fünf Minuten lang – und es stellt sich heraus, dass er vielleicht doch nicht so ein Idiot ist, wie du dachtest. Ehe du dich versiehst, trinkt ihr nach dem Spiel ein Bier zusammen. <

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