In einer früheren Kolumne habe ich über den Supermonteur geschrieben und darüber, was du tun kannst, um einer zu werden. Eines der Dinge, die dort nicht erwähnt wurden – weil es eigentlich eine selbstverständliche Grundvoraussetzung sein sollte – ist eine gesunde und angenehme Arbeitsatmosphäre.
Das ist etwas, das in der Hektik des Alltags leicht vergessen wird. Der Chef vom kommunalen Bauhof möchte, dass der Spielplatz morgen umzäunt ist, weil er übermorgen vom Bürgermeister feierlich eröffnet wird, und Frau Jansen hat schon dreimal angekündigt, dass sie eine schlechte Google-Bewertung schreiben wird, wenn ihr blöder blauer Zaun nicht auch morgen aufgebaut wird.
Außerdem ist ein gesundes Arbeitsumfeld etwas Vages. Du kannst es nicht messen. Du bekommst dafür keine Sterne von Google und der Steuerberater jammert auch nie darüber. Deshalb steht die Arbeit am Betriebsklima nie ganz oben auf deiner To-Do-Liste. Aber genau darin liegt die Gefahr.
Denn ein gesundes Betriebsklima ist wie ein Blumenbeet voller leuchtender und duftender Blumen. Du musst sie langsam, behutsam und Stück für Stück wachsen lassen und sie jeden Tag ein wenig gießen. Wenn du die Blumen ein paar Tage lang nicht gießt, hängen sie schlaff herunter. Wenn du sie ein paar Wochen lang nicht gießt, bekommst du ein Feld voller Unkraut. Denn Unkraut wächst immer.
Und das Unkraut erstickt alle Blumen. Das demotiviert ungemein. Es macht jeden im Unternehmen nach und nach unproduktiver, bis es schließlich niemanden mehr interessiert, wie viele Meter in den Boden gesetzt werden und wie viele Google-Sterne Frau Jansen vergibt.
Es gibt Hunderte von Dingen, die du tun kannst, um das Arbeitsklima in deiner Firma so gut wie möglich zu machen – und es dann auch zu erhalten. Das meiste davon sind kleine Dinge, die du ganz einfach in die Art und Weise, wie du deine Firma führst, einbringen kannst.
Sorge zum Beispiel dafür, dass du als Chef immer ansprechbar bist. Achte darauf, dass du zur Stelle bist, wenn deine Monteure reinkommen. Stelle Fragen und zeige Interesse an den Antworten. Wie ist die Arbeit gelaufen? Aber auch: Habt ihr dieses Wochenende etwas Schönes vor?
Auf diese Weise gibst du deinen Leuten das Gefühl, dass sie ernst genommen werden. So können sie dir ihre Anliegen ohne Angst oder Misstrauen erzählen. Und wenn du weißt, was los ist, kannst du dich entsprechend darauf konzentrieren.
Gehe selbst immer mit gutem Beispiel voran und mache niemals Witze auf Kosten anderer. Zaunbauer sind einiges gewohnt und können eine Menge Schikanen einstecken – vor allem untereinander. Aber wenn du dich als Chef darauf einlässt, wird das als Zustimmung gewertet und die Bremsen sind gelöst. Und dann können die Streiche aus dem Ruder laufen, was wiederum zu unzufriedenen Kollegen führt.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Sei dir darüber im Klaren, was du von deinen Mitarbeitern erwartest. Je klarer, desto besser. Das macht es den Kollegen leichter, diese Erwartungen zu erfüllen. Außerdem gibt es dann hinterher weniger Diskussionen – und damit weniger Unzufriedenheit.
Die Liste ist endlos, google einfach mal danach. Du wirst auf 100 Webseiten mit Tipps stoßen und diese Tipps sind auf jeder Seite anders. Die meisten dieser Tipps kannst du noch heute ohne großen Aufwand in deine Firma einführen, du musst dir nur einen Moment Zeit nehmen und darüber nachdenken.
Es gibt auch einen, der ein bisschen Zeit und Mühe kostet: Gib gelegentlich eine Party für deine Mitarbeiter. Lade alle zum Essen oder in die Kneipe ein oder besorge ein paar Kisten Bier und Würstchen und schmeiß den Grill an.
Besonders jetzt, gegen Ende des Jahres, ist ein guter Zeitpunkt. Auch wenn du eigentlich keine Zeit hast, weil Frau Jansen schon wieder angerufen hat. Den blöden blauen Zaun von ihr kannst du auch nächste Woche noch montieren. Wenn alle Restaurants schon für Weihnachten ausgebucht sind, mach eine Silvesterparty daraus. Aber organisiere auf jeden Fall etwas.
Gelegentlich eine gemeinsame Party zu feiern ist wichtig. Es signalisiert nicht nur, dass du die harte Arbeit aller zu schätzen weißt, sondern gibt den Kollegen auch die Möglichkeit, gemeinsam zu lachen, ohne an die Arbeit denken zu müssen. Ohne den Stress im Nacken vom Spielplatz, der heute noch eingezäunt werden muss.
Die Leute schätzen es mehr, als du denkst. Manche leben ein ganzes Jahr lang auf Weihnachten hin. Irgendwann Mitte November werden die Lichterketten und Kugeln herausgeholt, das Haus geschmückt und zwei oder drei Tage lang mit der Familie gefeiert. Wo jeder dann Zeit mit dem anderen verbringt. Sie lachen über die Witze der anderen, aber sie hören sich auch die Probleme der anderen an.
Und wenn es schon für Familien wichtig ist, Zeit miteinander zu verbringen, dann ist es das erst recht für Kollegen untereinander. Denn deine Kollegen sind deine zweite Familie – oft verbringst du mehr Zeit mit ihnen als mit deiner eigenen Familie. Ihr erlebt auch viel mehr gemeinsam. Ihr müsst mehr Probleme gemeinsam lösen und steht ständig unter Zeitdruck, weil der städtische Spielplatz diese Woche geschlossen werden muss. Und trotzdem hast du keine familiäre Beziehung zu deinen Kollegen, auf die du dich verlassen kannst.
Bei einem gemütlichen Abend in der Kneipe oder in einem Restaurant könnt ihr gemeinsam lachen. Die Mitarbeiter können sich noch einmal über die Zeiten beschweren, in denen du sie im vergangenen Jahr zu sehr unter Druck gesetzt hast. Du selbst kannst dich noch einmal über dumme Kunden und die Rechnungen, die sie nicht bezahlt haben, beschweren. Du kannst das ganze Gejammer und Elend hinter dir lassen und mit einer sauberen Weste neu beginnen. Und du kannst deine Kollegen besser kennenlernen, damit es im nächsten Jahr einfacher wird, mit ihnen umzugehen.
Also: Wenn du dich noch nicht mit deinem Team zusammengesetzt hast: Such dir einen Termin aus und buche jetzt irgendwo ein Lokal. Wenn der Chef das nicht macht, organisiert es als Kollegen unter euch, weil ihr es verdient habt. Und dann lade auch deinen Chef ein, denn auch er hat es verdient, nachdem er ein Jahr lang dein Chef war.
Wir von der Redaktion wünschen dir natürlich schöne Feiertage – sowohl mit Kollegen als auch mit der Familie – und einen guten Start ins neue Jahr. Möge 2024 ein Jahr voller Freude und Glück sein, mit vielen kerzengeraden Zäunen und superzufriedenen Kunden und viel Trinkgeld. Ein Jahr bei bester Gesundheit, ohne Krankheit und vor allem ohne Arbeitsunfälle. Am besten auch ein Jahr voller finanziellem Wohlstand, mit mehr Gewinn und großen Boni für alle Kollegen.
Bis zum nächsten Jahr!
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